Franziska von Malsen (sueddeutsche.de): Lernen ist leider nicht wie das Besteigen einer Leiter. Wir lernen weder in gleichmäßigen Schritten, noch kann es immer nur darum gehen, möglichst schnell möglichst weit nach oben zu kommen.
Dennoch gibt es einige Ratschläge, wie man das Lernen lernen kann. Wir stellen die wichtigsten Einsichten vor.
Die Eselsbrücke
Egal, ob man nun Vokabeln lernt oder eine komplexe Theorie: Um sich Neues zu merken, muss man es mit bereits Bekanntem verknüpfen. Mediator nennen Lernforscher eine solche Verknüpfung , Eselsbrücke sagt der Laie. Als Mediatoren können verschiedene Assoziationen dienen: ein anderes, bereits bekanntes Wort, ein Bild, eine kleine Geschichte oder eine konkrete Erinnerung, die man mit der neu abzuspeichernden Information verknüpft. Am besten funktioniert das, wenn der Lernende diesen Mediator selbständig wählt und nicht von außen zugetragen bekommt.
Die Orte-Methode
Auf demselben Prinzip basiert auch die sogenannte Loci-Methode, bei der man neue Informationen gedanklich an bereits bekannten Orten ablegt. Dazu kann man sich seinen Arbeitsweg vorstellen oder die eigene Wohnung und in Gedanken einzelne Stationen festlegen. Hauptsache, die vorgestellte Umgebung ist einem gut vertraut. Anschließend sammelt man das neu Gemerkte entlang der imaginären Route wieder ein. Diese Methode hilft deshalb auch, sich Dinge in einer bestimmten Reihenfolge zu merken.
Learning by doing
Menschen erkennen und erinnern sich an ein Lied eher, wenn sie es selbst gespielt statt nur gehört haben. Musiklehrer raten doch immer zum Üben, Üben, Üben und niemals nur zum Hören, Hören, Hören. Es kommt tatsächlich auf die Bewegung an.
Bewegt lernen
Bewegung kann beim Lernen sogar dann helfen, wenn diese mit dem Lerninhalt selbst nichts zu tun hat, berichten Psychologen vom Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (MPI). Sie ließen ihre Probanden dazu Ziffern in einer vorgesprochenen Zahlenkette miteinander vergleichen. Tatsächlich konnten die Kinder die Aufgabe besser lösen, wenn sie dazu in ihrer Lieblingsgeschwindigkeit spazierten.
Karteikarten wenden
Karteikarten sind der Klassiker unter den Methoden, früher auf Papier, heute digital. Das Lernen mit Karteikarten und ähnlichen Methoden funktioniert so gut, weil sich der Lernende dabei wiederholt selbst testet. Entscheidend ist, die gefragte Information vor dem Umdrehen des Kärtchens aktiv aus dem Gedächtnis hervorzuholen.
Etwas zu lernen bedeutet, Abrufpfade zu sichern zwischen einem „Cue“ (dem Stichwort auf der Vorderseite) und der dazu abgespeicherten Information (auf der Rückseite der Karte). Am besten schafft der Lernende das, wenn er sich – wie bei der Eselsbrücke – einen eigenen Pfad zum Lerninhalt baut.
Laut werden, aber nicht immer
Es hilft, wenn man, etwa beim Vokabellernen ausgewählte Worte laut ausspricht. Man erinnert sich an alle möglichen Inhalte besser, wenn sie sich von der Umgebung abheben. Der Erfolg kommt, weil die ausgesprochenen Worte mehrere Sinneskanäle passieren: das Wort sehen beim Lesen, transferieren beim Sprechen in ein akustisches Signal, das man es gleichzeitig auch hört. Alle diese Informationen zusammen lassen die Erinnerung an ein gesprochenes Wort individueller werden.
Lernen im Schlaf
Wie die neurobiologische Forschung in den letzten Jahren gezeigt hat, ist der Zeitpunkt und die Qualität des Schlafes wichtig für die Festigung von Gedächtnisinhalten. Dinge, die wir unmittelbar vor dem Einschlafen lernen, werden besser konsolidiert, als solche, die wir lange Zeit vor dem Einschlafen aufgenommen haben. Die Hirnregion des Hippocampus, in dem wir Informationen wie in einer Art Zwischenpuffer abspeichern, hat nämlich nur eine begrenzte Kapazität. Früher eingegangene Informationen drohen deshalb überschrieben zu werden.
Jan Born, Neurowissenschaftler an der Universität Tübingen, empfiehlt deshalb, Wichtiges am Ende des Tages zu wiederholen. Zum erstmaligen Lernen eignen sich hingegen die Morgenstunden am besten, wenn man noch wach und konzentriert ist. Weil das Gehirn Informationen im Schlaf auch verarbeitet und besser strukturiert, erkennt man nach dem Schlafen außerdem Zusammenhänge besser und kommt leichter auf die Lösung einer Aufgabe. Am effektivsten konsolidiert das Hirn Gelerntes im Tiefschlaf, also nachts. Aber selbst nach einem Mittagsschlaf machte sich bei Probanden ein positiver Effekt bemerkbar.
Erinnern an Ort und Stelle
Wir erinnern uns an Dinge leichter, wenn wir uns in einer ähnlichen Situation befinden wie im Moment des Lernens. Neue Information verbindet sich nämlich mit den Sinneseindrücken und Emotionen zum Zeitpunkt der Aufnahme. Auch Reisende kennen das Phänomen: Wenn sie an einen bereits besuchten Ort zurückkehren, erwachen viele Erinnerungen, auf die sie zu Hause vielleicht nicht gekommen wären.
Texte durchdringen
Wer Neues begreifen will, muss es durchdringen und mit bekanntem Wissen verknüpfen. Schüler, die einen Text hinterfragen, begreifen deutlich mehr als jene, die ihn nur durchlesen, selbst wenn sie das mehrmals tun.
Wer einen Text wirklich verstehen will, sollte sich deshalb nach jedem Absatz fragen: Welche Frage wird hier beantwortet? Was kommt mir bekannt vor, was ist neu? Was verstehe ich nicht? Wozu brauche ich diese Information nun überhaupt?